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Rivva und das Leistungsschutzrecht

… das war knapp. Bis zum Dienstag zur Fassung aus dem Rechtsausschuss hatte ich noch befürchtet, ein weiteres meiner sieben digitalen Leben stünde auf dem Spiel oder dass gar all die sechs Jahre Arbeit für die Katz gewesen sein könnten. Mit dem heute vom Bundestag verabschiedeten Gesetzestext jedoch werde ich wohl leben können resp. müssen.

"… es sei denn, es handelt sich um einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte"

Natürlich schafft dieser unscharfe Wortlaut jetzt erst einmal eine weitere Grauzone und drückt womöglich auch die Unschlüssigkeit unseres Gesetzgebers aus. In diesem Moment kann ich allerdings nicht erkennen, wie Rivva (oder selbst Google) vom LSR betroffen wäre. Das altbewährte Key Word in Context-Prinzip musste unberührt bleiben – das hatte auch Wieland Holfelder von Google Deutschland am Montag im Unterausschuss betont.

Nichtsdestotrotz, Risiko bleibt. Da ich aber weder einen Rechtsstreit mit den Presseverlagen suche, noch (aus finanzieller Sicht) Lizenzen von ihnen erwerben könnte, stellen sich eigentlich nur zwei Optionen: Zurück zu den Wurzeln und sich allein auf Blogs fokussieren? Dagegen spricht jedoch sofort, dass es mir mit Rivva ungeheuer wichtig ist, eben genau eine Brücke zwischen den verschiedenen Medienformen zu schlagen. Bleibt die andere Möglichkeit …

No Snippet

Durch das Ausschließlichkeitsrecht der Verleger und dabei unvermeidbaren Ansteckungseffekten (wenn der Anreißer eines Blogs schon Verlagstext zitiert), sehe ich mich im Grunde genommen dazu gezwungen, auf Snippets auf rivva.de kategorisch zu verzichten. Die Frage ist, wie stark nehmen Infogehalt und Klickzahlen Schaden dadurch? Vom Anriss weiß man, dass er Interesse für den Beitrag wecken soll. Snippet = Teaser. Im Zweifel verlieren also uninformative Schlagzeilen. Oder gewinnen sie gerade, weil die Leser dann die Neugier treibt? Wer weiß …

Vor zwei Tagen habe ich die Länge der Vorschautexte auf 160 Zeichen beschränkt. Im Code ändere ich dafür zwei Bytes, auf der Titelseite ist der Unterschied dagegen riesig und gar nicht mal negativ. Vielleicht habe ich darüber eine andere Meinung, wenn ich es frisch neu designt vor mir habe, aber "No Snippet" ist der rechte Weg. Hacker News und Reddit, zwei der für mich wichtigsten Sites, fahren schließlich auch gut damit. (Das Meta-Tag "nosnippet" scheidet übrigens aus, weil ein Grep durch's Archiv zeigt, dass es überhaupt niemand nutzt.)

„Create more value than you capture.“ –Tim O'Reilly

Wie viel Prozent des gesamten Internets mag auf Open Source Software laufen oder aufbauen? Verlässliche Zahlen dazu habe ich auf die Schnelle keine gefunden, doch ich schätze einmal, 95% könnten es wohl etwa sein.

Das bedeutet doch, unzählige Programmierer haben unzählige Stunden damit verbracht, dieses Internet, mitsamt WWW und allem, ins Leben zu programmieren, "ohne (Zitat aus dem ganz fantastischen Perlentaucher vom 30.8.2012) je auf die Idee gekommen zu sein, dafür die Hand aufzuhalten."

Auf Befürworterseite hatte man in puncto Leistungsschutzrecht oft genug mit diesem sogenannten "Geburtsfehler des Internets" argumentiert. Dass jetzt Google der deutlichste Profiteur und deutsche Startups die deutlichsten Verlierer des heutigen Beschlusses sind, ist der Geburtsfehler dieses Gesetzes.

 

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